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Pflichtteilsrecht

Fluch oder Segen im Erbrecht

„Wer will gut und seelig sterben, laß‘ sein Geld den Rechten erben“. Diese altdeutsche Spruchweisheit verdeutlicht zum einen, daß wir per Testament steuern können, wer unser Nachlaßvermögen erhalten soll, und läßt zum anderen erkennen, daß testamentarischen Regelungen unterschiedlichste Motive zugrundeliegen können. Wer sind die rechten Erben? Stirbt ein Mensch, ohne ein Testament hinterlassen zu haben, so beschreibt das Gesetz, wer Erbe ist. Das sind dann die gesetzlichen Erben, z.B. Kinder, Ehegatte, Eltern. Diese sind auch pflichtteilsberechtigt, Eltern jedoch nur, wenn der Erblasser keine Kinder hat.

Das Pflichtteilsrecht  ist ein gesetzlicher Anspruch  und steht nur Ehegatten, Kindern und Eltern zu, dann, wenn sie durch Testament von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen sind. Den Ausschluß von der gesetzlichen Erbfolge erlaubt unsere Rechtsordnung. Dies ist Ausdruck der Testierfreiheit. Wird davon Gebrauch gemacht und z.B. nur eines von zwei Kindern zum Erben bestimmt, so hat das andere, das enterbte Kind einen Pflichtteilsanspruch. Dies ist ein auf Geld gerichteter Anspruch gegen den Erben. Der auf das Pflichtteilsrecht verwiesene Angehörige nimmt also nicht teil an einer Erbengemeinschaft, er ist nicht unmittelbar am Nachlaß beteiligt. Der Erbe hat ihm auf Aufforderung hin über den Bestand des Nachlasses Auskunft zu erteilen, auch z.B. bei in den Nachlaß gefallenen Grundstücken Wertgutachten einzuholen. An dem dann geldmäßig ermittelten Nachlaß abzüglich Nachlaßverbindlichkeiten orientiert sich der Pflichtteilsanspruch, der die Hälfte des gesetzlichen Erbteils ausmacht. Hinterläßt der Erblasser zwei Kinder und hat er nur ein Kind durch Testament zum Erben bestimmt, so hat das andere Kind einen Pflichtteilsanspruch. Ohne Testament hätten indes die beiden Kinder den Erblasser je zur Hälfte beerbt. Der Pflichtteilsanspruch ist dann die Hälfte der Hälfte, bedeutet also Anspruch auf 1/4 des Nachlaßwertes in Geld.

Welche Motive einer testamentarischen Regelung zugrundeliegen, erschließt sich einer rechtlichen Betrachtung häufig nicht. Das ist auch meist gut so. Wie heißt es doch im Alten Testament? Der Mensch ist „von Natur aus böse“.

Aber wir doch nicht!
In diesem Sinne
Ihr

Michael H. König
Rechtsanwalt und Notar

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