Sie befinden sich hier:
Aktuelles

Ist bei Vorliegen eines notariellen Testaments im Erbfall ein Erbschein erforderlich?

Diese Frage uneingeschränkt mit NEIN zu beantworten, wäre nicht richtig. Zu antworten: Es kommt darauf an - eine grundsätzlich richtige Antwort eines Advokaten - wäre allerdings unbefriedigend, da nicht präzise genug.

Was gilt denn nun?

Stirbt ein Mensch, haben wir einen Erbfall. Dies erfordert die Ermittlung des bzw. der Erben. Zu unterschieden ist gesetzliche und gewillkürte Erbfolge. Gesetzliche Erbfolge tritt ein, wenn der Erblasser kein Testament hinterlassen hat. Anderenfalls gilt, was der Erblasser in einer letztwilligen Verfügung, sei es Testament oder Erbvertrag, bestimmt hat. Bei einem Testament unterscheiden wir wiederum zwischen einem privatschriftlichen - dieses muß von „A bis Z“ mit der Hand geschrieben sein - und einem notariellen Testament. Erbverträge sind ohnehin nur in notarieller Form wirksam.

Bei einem privatschriftlichen Testament oder dann, wenn im Erbfall gar kein Testament vorliegt, ist für den Erb- bzw. Rechtsnachfolgenachweis ein Erbschein erforderlich. Diesen erteilt das Nachlaßgericht auf Antrag hin, ist dieser in der Form einer eidesstattlichen Versicherung zu stellen.

Liegt indessen ein notarielles Testament vor, so ist dieses im Zusammenhang mit dem gerichtlichen Eröffnungsprotokoll in beglaubigter Form grundsätzlich der auskömmliche Nachweis der Erbenstellung. Die Einschränkung grundsätzlich mache ich deshalb, weil es im Einzelfall Anhaltspunkte dafür geben kann, daß noch weitere, ggf. handschriftliche Ergänzungen pp. zur Debatte stehen können, die eine gerichtliche Entscheidung durch Erteilung eines Erbscheins erforderlich machen. Dies dürfte indessen nicht der Regelfall sein. Dieser sieht vielmehr so aus, daß bei Vorliegen eines notariellen Testaments - dieses wiederum ist zwingend vom Notar nach Beurkundung beim Amtsgericht zu hinterlegen - nach Einreichung der Sterbeurkunde die gerichtliche Testamentseröffnung erfolgt. Eine beglaubigte Ablichtung des Testaments mit gerichtlichem Eröffnungsprotokoll ist dann der amtliche Erbnachweis für den bzw. die im Testament bedachten Erben. Von Banken oder Versicherungen kann dann nicht auch noch die Vorlage eines Erbscheins verlangt werden.

Das notarielle Testament ersetzt den Erbschein. Der Erbnachweis ist damit schneller zu führen, ist manches Erbscheinsverfahren dagegen langwierig, dies nicht nur, aber auch aus formellen Verfahrensgründen.

Vorstehendes könnte nun als ein Plädoyer für ein notarielles Testament verstanden werden, muß es aber nicht! Erbfälle ohne Testament oder basierend auf handschriftliche Verfügungen bergen vielmehr Zünd- und Streitstoff für kostenintensive Erbauseinandersetzungen. Für den Advokaten sind diese unter Kosten- bzw. Gebührenaspekten lukrativer.

Damit schrumpfen die Überlegungen zu Testamentsfragen auf folgenden Kernsatz zusammen:

Verleb‘ Dein Geld bis an Dein End,

das ist das beste Testament.

 Ihr

Michael H. König

Rechtsanwalt und Notar

Zurück